Neujahrsgruß des Stadtbürgermeisters
Liebe Nastätterinnen, liebe Nastätter,
es liegt ein Jahr hinter uns, mit dem keiner von uns gerechnet hat. Und wenn man die Zeit seit März nochmal Revue passieren lässt, ist es für mich immer noch surreal. Wer von uns, der in den letzten 50 Jahren geboren wurde, hat jemals gedacht, dass diese – generell betrachtet – üppige, schnelle und sorglose Welt jemals nochmal in eine Situation kommt, in der Verzicht und Rücksicht gerade in Deutschland derart wichtig werden, wie sie nun sind? Natürlich hat man stets über Kriege, Hungersnot und Missstände auf der Welt erfahren – aber es war ganz weit weg. Vor der Flüchtlingswelle musste man kurz befrüchten, dass es im Bereich der Krim tatsächlich zu einem Krieg kommt, der dann ganz nah gewesen wäre. Aber selbst betroffen? Eingeschränkt? Nicht mehr ungezwungen leben? Dachten Sie das?
Ich will die jetzige Situation nicht verniedlichen, aber noch unvorstellbarer bleibt, was meine Großelterngeneration erleben musste. Dagegen leben vor allem wir auf dem Land mit recht großen Grundstücken und einer gesicherten Vollversorgung in der Stadt noch immer wie die Maden im Speck – so schlimm und unangenehm Lockdown und Pandemie auch sind.
Was lehrt uns 2020? Sobald man die Antwort hat, ändert das Leben die Frage! Es wird immer etwas geben, was wir politisch / gesellschaftlich zu lösen haben. Wir – also Deutschland – haben Arbeitslosigkeit bekämpft, die Nahrung in der Art sicher gestellt, dass genügend vorhanden ist und wir sogar ins Verschwenderische abgedriftet sind, wir haben regenerative Energien etabliert, wir haben einen insbesondere technischen Fortschritt in den letzten 10 Jahren erlebt wie er in der Form noch nie da war und vielleicht auch nicht mehr da sein wird usw. usw.. Und dann zeigt uns ein Virus auf, wie verletzlich wir doch sind. Wie wir (wieder) lernen müssen, solidarisch zu sein, zu verzichten und uns plötzlich mit ganz wesentlichen Dingen beschäftigen (müssen), die eine Gesellschaft ausmacht, aber gar nicht mehr so präsent – weil selbstverständlich – war.
Für 2021 werden wir weiterhin Geduld und Ausdauer benötigen. Die Infektionszahlen steigen trotz Lockdown und es ist zu befürchten, dass Silvester aufgrund einiger Unbelehrbarer nicht als Bremse der Ausbreitung wirken wird. Gerade (Ende Dezember) wurden über 30.000 Tote in Deutschland gemeldet – in nur einem 3/4 Jahr und trotz aller Maßnahmen. Wie es aussehen würde, wenn in Deutschland agiert worden wäre wie in Ländern, die von Populisten geführt werden, kann sich jeder anhand der Zahlen ausmalen. Und auch der Spruch „Bei jeder Grippewelle sterben bis zu 20.000“ dürfte angesichts der Zahlen deutlich machen, dass unsere Wissenschaft uns sehr gut beraten hat und es ein absolutes Fiasko geworden wäre, wenn es großteils Coronaleugner gewesen wären, die Bund und Länder regiert hätten. „Was ist ein Leben wert?“ ist die permanente Frage, die seriöse Politiker als Grundlage jeder Entscheidung mit sich tragen werden und getragen haben – dies im Balanceakt zur Freiheit, zur Wirtschaft und zur Demokratie.
Es ist kaum vorstellbar, dass wir vor Ende März mit einer stark rückläufigen Ausbreitung rechnen können, auch Sommerferien ohne Einschränkungen kann ich mir nicht vorstellen. Hoffen wir, dass die Impfungen nicht nur den gewünschten Erfolg bringen, sondern auch zügig durchgeführt werden können. Impfen basiert auf dem Prinzip, dass jeder zum eigenen Schutz und zum Schutz der anderen zugleich ein minimales Risiko eingeht. Wir kennen das – erfolgreich praktiziert bei Masern, Polio oder Grippeschutz. Wenn viele denken, „das sollen erstmal andere probieren, bevor ich selbst das minimale Risiko eingehe“, werden wir noch viel länger mit den Einschränkungen leben. Da bin ich mir sicher. Eine Gesellschaft lebt davon, dass wir nicht immer nur an uns selbst denken, sondern auch an alle anderen zugleich. Mit 60-70% Geimpften schätzen die Wissenschaftler ein, lässt sich die Pandemie beherrschen. Sobald es mir erlaubt ist, lasse ich mich impfen. Nebenwirkungen hat jedes Medikament – dass jede einzelne Nebenwirkung der Coronaimpfung in den Medien exklusiv breit getreten wird, enttäuscht mich sehr, weil die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wird. Oder kennen Sie jeden, der eine Nebenwirkung auf Ibuprofen hat? Wenn ich mir was wünschen darf für 2021, dann, dass die Medien von der Sensationsberichterstattung bei solch einem Thema wieder zu den Grundzügen des Pressekodex zurückkehren. Demokratie ist nicht einstimmig, aber sie wird auch nicht von 10% gesteuert. Eine Plattform sollte die Mehrheitsmeinung wie auch die Gegenmeinung im angemessenen Verhältnis bekommen. Davon ist medial leider kaum etwas zu spüren…
Ich wünsche Ihnen und uns allen, dass wir früher als gedacht zur Normalität zurückkehren können und dass wir in einem Jahr davon erzählen können, wie es alles war und wie wir es geschafft haben.
Unsere Region hat bisher gezeigt, dass sie Werte leben kann und wir eine gemeinsame, solidarische Grundhaltung an den Tag legen können. Der Marathon ist noch nicht zu Ende und er wird unsere Reserven fordern im Schlussspurt, aber wir sind kurz vor den Schlussrunden im Stadion. Ziehen wir es weiter so durch!
Bis dahin wünsche ich Ihnen alles erdenklich Gute für 2021, Glück und vor allem Gesundheit!
Ihr Stadtbürgermeister
Marco Ludwig
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